Das Pflege- und Therapiezentrum in Tittmoning von einer Brücke aus gesehen.
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Das Pflege- und Therapiezentrum ist insolvent. Mehr als 100 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs, die Bewohner Unterkunft und Therapieplatz.

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Pflege- und Therapiezentrum in Tittmoning vor dem Aus

Pflege- und Therapiezentrum in Tittmoning vor dem Aus

Ein Heim für psychisch kranke Menschen und Senioren im Landkreis Traunstein ist insolvent. Die Bewohner stehen nun ohne Unterkunft und Therapieplatz da, mehr als 100 Mitarbeitende verlieren ihren Job. Ein Rettungsplan scheiterte an der Bürokratie.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Das langjährige Pflege- und Therapiezentrum in Tittmoning ist bereits im vergangenen Jahr in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Anfang Mai 2025 meldete der Träger Domus Mea dann Insolvenz am Standort Tittmoning an. Grund ist der akute Fachkräftemangel im dazugehörigen Seniorenheim, das vom selben Träger betrieben wird wie das Therapiezentrum für psychisch- und suchtkranke Menschen.

Schuld an Insolvenz: Fachkräftemangel

Weil keine Altenpfleger mehr für das angeschlossene Seniorenheim gefunden wurden und mehrmonatiges Zurückgreifen auf teurere Leiharbeitsfirmen ein Loch in die Kasse gerissen haben, musste der Altenpflegebereich geschlossen werden. Bereits im Februar wurden alle 24 Senioren in andere Pflegeheime verlegt.

Das Seniorenheim steht seit Monaten leer und die Insolvenz trifft nun auch die offene und geschlossene sozialtherapeutische Einrichtung. Für die insgesamt 70 psychisch kranken Bewohner müssen nun neue Einrichtungen gefunden werden. Mehr als 100 Mitarbeitende verlieren ihren Job.

Letzte Hoffnung: Umzug in Seniorenheim

Doch bis vor kurzem gab es noch Hoffnung, dass die Einrichtung wieder finanziell auf die Beine kommt. Zur Rettung des sozialtherapeutischen Bereichs hätten die Bewohner aus dem offenen Bereich im angemieteten Gebäude am Tittmoninger Stadtplatz in das ungenutzte Seniorenheim umziehen können.

Damit hätte sich der Betreiber die Miete für das Stadtgebäude gespart und sogar noch mehr Therapieplätze für psychisch kranke Menschen im Haupthaus anbieten können als bisher. Laut Geschäftsführer Martin Nell hätten 13 weitere Therapieplätze im offenen Bereich geschaffen werden können und die Einrichtung hätte wieder wirtschaftlich arbeiten können.

Heimaufsicht verweigert Genehmigung

Doch diesen Vorschlag will die Heimaufsicht am Landratsamt, die Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) nicht genehmigen. Die ehemaligen Altenheimzimmer wären zwar heller und größer als die aktuellen Räume in der sogenannten "Salzachperle", einem ehemaligen Hotel. Doch wenn in das leer stehende Seniorenheim psychisch- und suchtkranke Bewohner einziehen, gelten andere gesetzliche Regeln.

Es scheitert an 1,1 Quadratmeter

Insgesamt geht es um zehn belegbare Zimmer, die um bis zu 1,1 Quadratmeter zu klein sind. Die Zimmer müssten aber laut FQA mindestens 14 Quadratmeter groß sein, da es sich rechtlich um eine Neueröffnung handele. Es bräuchte eine Ausnahmegenehmigung, für die Erteilung bleibe der FQA aber kein Spielraum, erklärt der Gesundheitsamtsleiter Wolfgang Krämer im BR-Interview.

Die Heimaufsicht habe die Vorschriften nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz geprüft und sei mit der Regierung von Oberbayern sowie dem Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege im Austausch gewesen. Eine Übernahme durch die Stadt oder den Landkreis sei nicht vorgesehen. In Oberbayern gibt es derzeit in geschlossen geführten Heimen circa 800 Plätze an vier Standorten.

Suche nach Therapieplätzen schwierig

Die sozialtherapeutische Einrichtung sucht jetzt bayern- und deutschlandweit nach Therapieplätzen für insgesamt 70 Bewohner. Die Unterbringung ist aber schwierig, denn es geht teils um psychisch mehrfach erkrankte Bewohner, von denen manche seit 30 Jahren in Tittmoning leben. "Unter den Bewohnern, Angehörigen, Betreuern und Mitarbeitern sind das gerade Emotionen, die können Sie gar nicht fassen", beschreibt Geschäftsführer Nell.

Fehlende Investitionen, Fachkräftemangel und Corona-Krise

Eine klare Antwort auf die Frage, wie es so weit kommen konnte, hat Geschäftsführer Martin Nell nicht, allerdings fehlten seit Jahren die Investitionen in die Erneuerung und Sanierung der Gebäude. Durch vorübergehenden Aufnahme-Stopp während der Corona-Pandemie habe sich die Lage zugespitzt.

Der Insolvenzverwalter hat den Mitarbeitern noch bis Ende Juli die Gehälter zugesagt. Bis dahin müssen auch alle Bewohner umverlegt werden. Noch gibt es keinen offiziellen Kündigungstermin für die Belegschaft und noch wollen die Mitarbeiter an ein Happy End glauben.

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