Drei junge Erwachsene sitzen an einem Tisch und spielen ein Kartenspiel. Unter den Spielkarten liegt die Pride-Flag – eine Regenbogenfahne. Das Zeichen der queeren Community. Es ist ein Treffen der Gruppe "Queer WUG". WUG steht für Weißenburg-Gunzenhausen. Ein bis zwei Mal im Monat treffen sich die jungen Leute zum Spielen, Ausgehen oder einfach zum Reden.
Denn die Gruppe ist ein Ort, an dem sie sein können, wie sie sind – anders als im realen Leben. Da sind Anfeindungen oft ein Problem. "Es kann sein, dass dir Menschen komplett respektlos gegenüber sind und du auf einmal Diskussionen führst, warum du als männlich geborene Person Nagellack trägst", erzählt Phillip.
Queere Jugendliche fühlen sich allein
Phillip berichtet außerdem von sexuellen Übergriffen und Menschen, die Gewalt androhen. Bei den Treffen von Queer WUG können sich die jungen Leute genau über solche Erfahrungen austauschen. Doch solche Gruppen gibt es auf dem Land kaum. Dabei wären die dringend nötig. Denn queere Menschen, die sich nicht öffnen können, leiden und fühlen sich alleingelassen. "Du bist halt in einer Umgebung aufgewachsen, in der das absolut keinen Platz hatte", sagt Phillip.
Diversity Day für mehr Verständnis
An der Veit-Stoß-Realschule in Nürnberg wollen die Verantwortlichen die Schülerinnen und Schüler nicht alleine lassen und haben einen Diversity Day organisiert. Denn auch hier gab es Fälle von Ausgrenzung. Einige Schülerinnen und Schüler haben die Veranstaltung mit organisiert. "Ich finde diesen Tag wichtig, weil trotzdem, dass das Thema totgeschwiegen wird an Schulen, ändert das nichts an der Realität, dass es anwesend ist", sagt Walery. Verschiedene Workshops sollen bei den Jugendlichen Verständnis schaffen.
Zum Video: Jung, queer, alleingelassen?
Diversity
Intensive Diskussion mit den Jugendlichen
Einen Workshop hält Lehrer Roland Maas. Er klärt an mehreren Schulen über das Queer-sein auf. Er ist schwul und hatte früher keine queeren Vorbilder. Deshalb will er heute selbst eines sein. Die Jugendlichen diskutieren intensiv mit dem Lehrer. Die Meinungen gehen auseinander. Dass jemand schwul, lesbisch, trans oder bi ist, können einige nicht annehmen.
Für Roland Maas ist es wichtig, dass die jungen Menschen über das Thema diskutieren. Denn nur dann denken sie darüber nach – und nehmen mehr aus dem Workshop mit, als die, die sich nicht beteiligen, findet er.
Mehr Vielfalt in der Ausbildung
Roland Maas sieht klar die Lehrkräfte und Schulen in der Pflicht, mehr für Diversität zu tun. Denn bislang spiele die in der Lehrerausbildung kaum eine Rolle, kritisiert er. "Die angehenden Lehrkräfte müssten schon im Studium lernen, mit dem Thema umzugehen. Während des Referendariats müssten sie es dann das erste Mal anwenden. Und im Lehrer-Alltag weiterhin zusätzliche Fortbildungen in dem Bereich besuchen", fordert er. Auf Nachfrage beim bayerischen Kultusministerium heißt es, Diversity sei bereits Teil der Lehrerausbildung.
Queere Jugendliche erleben viel Diskriminierung
Trotzdem scheint das in den Schulen nicht richtig anzukommen. In einer Untersuchung des Bayerischen Jugendrings aus dem Jahr 2023 gaben die befragten queeren Jugendlichen die Schule als einen der Orte, an dem sie am häufigsten Diskriminierung erfahren. Die Studie zeigt auch, dass fast jeder, nämlich mehr als 93 Prozent der befragten queeren Jugendlichen schon Diskriminierung erlebt habe. 73 Prozent der Befragten leiden an Angstsymptomen und 58 Prozent gaben an, depressive Symptome zu haben. Fast die Hälfte hatte Suizidgedanken.
Was die Untersuchung aber auch zeigt: Ein Umfeld, das queerfreundlich ist und die Jugendlichen unterstützt – wie am Diversity Day der Veit-Stoß-Realschule – wirkt präventiv.
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