(Archivbild) Kultusministerin Stolz und Ministerpräsident Söder
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Nach Kritik an Tablet-Wende: Kultusministerin geht auf Lehrer zu

Nach Kritik an Tablet-Wende: Kultusministerin geht auf Lehrer zu

Nach dem Lehrer-Unmut über die Tablet-Kehrtwende von Ministerpräsident Söder versucht das Kultusministerium, die Gemüter zu beruhigen: Für das nächste Schuljahr werde es eine Übergangsregelung geben. Dem Realschullehrerverband reicht das nicht.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Lehrerverbände reagierten in den vergangenen Tagen zum Teil empört, jetzt geht das Kultusministerium auf die Schulen zu. Der von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigte Tablett-Stopp für Fünft- bis Siebtklässler soll zwar kommen, wie aus einem Schreiben an die Schulen hervorgeht, das dem BR vorliegt. Für Schulen, die aktuell die 5. und 6. Jahrgangsstufe einbeziehen wollten, werde es aber "Übergangsregelungen" geben.

Ministerpräsident Söder hatte am Montag nach einer Kabinettsklausur mit der Ankündigung einer Kurswende bei Tablets überrascht. Die 1:1-Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten werde künftig erst ab der 8. Klasse beginnen, statt wie bisher ab der fünften. Damit änderte das bayerische Kabinett einen erst im vergangenen Jahr gefassten Beschluss – offenbar ohne Lehrerverbände vorab zu informieren.

Scharfe Kritik von Lehrer- und Elternvertretern

Während der Bayerische Philologenverband die Entscheidung lobte, kritisierte der Bayerische Realschullehrerverband (brlv) einen "Zickzackkurs", der zu Planungschaos und Unsicherheit an Schulen führe: Zahlreiche Lehrkräfte hätten für das neue Schuljahr schon Konzepte auf den Weg gebracht. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) beklagte eine Kehrtwende ins Chaos. "Erst rein und jetzt wieder raus, das geht nicht", sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.

Verärgert zeigte sich auch der Bayerische Elternverband: "Eltern fühlen sich gelinde gesagt vor den Kopf gestoßen", sagte BEV-Landeschef Martin Löwe. Mit ihrer Kommunikation über die Köpfe der Betroffenen hinweg, sorge die Staatsregierung dafür, dass das Vertrauen in die Verlässlichkeit von Entscheidungen der Staatsregierung weiter sinke.

Ministerium will "digital-freie" Zeiten

Im Schreiben des Ministeriums an die Schulen heißt es: Häufig sei die Schule der einzige Ort, an dem es "digital-freie" Zeiten gebe. "Diese sollen auch weiterhin sowohl während der Unterrichtszeit wie auch in den Pausen entsprechend dem pädagogischen Konzept der Schule bewusst beibehalten werden."

Künftig solle ein Beginn der 1:1-Ausstattung mit bezuschussten Privatgeräten daher in der Regel erst ab der 8. Klasse umgesetzt werden, ein Beginn in der 7. Jahrgangsstufe sei möglich, wann es das pädagogische Konzept einer Schule vorsehe. "In der 5. und 6. Jahrgangsstufe sollen die Schülerinnen und Schüler hingegen sukzessive an das digitale Lernen herangeführt werden und dabei insbesondere mit schulischen Leihgeräten arbeiten." Laut einem Ministeriumssprecher stehen an den bayerischen Schulen derzeit 450.000 Geräte zur Verfügung, darunter rund 310.000 an weiterführenden Schulen. Dieser Bestand werde weiter ausgebaut.

Ministerin: Mut, Dinge zu hinterfragen

Das Kultusministerium betont auf BR-Anfrage, der Tablet-Beschluss sei auf Basis pädagogischer Erwägungen und "nach sorgfältiger Auswertung der Rückmeldungen aus den Schulen getroffen" worden. So habe sich nicht zuletzt auch im laufenden Schuljahr gezeigt, dass gerade bei jüngeren Schülerinnen und Schülern "ein wohl dosierter Einsatz digitaler Medien pädagogisch sinnvoll ist". Laufende Planungen für das nächste Schuljahr seien von der Änderung nicht betroffen.

Kultusministerin Anna Stolz verteidigt den Kurswechsel: Beste Bildung brauche auch den Mut, Dinge zu hinterfragen "und, wenn es nötig ist, Entscheidungen auch neu zu fassen". Bei der Digitalisierung bedeute das: "Umso jünger, umso weniger." Gerade in den ersten Schuljahren sollten wieder Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen im Vordergrund stehen. "Natürlich müssen Kinder auch die Chancen und die Risiken der digitalen Welt kennenlernen, aber eben altersangemessen und mit Augenmaß."

Realschullehrerverband: Kritik bleibt bestehen

Der Bayerische Realschullehrerverband zeigt sich dennoch nicht besänftigt: "Unsere Kritik bleibt bestehen", sagt Verbandschef Ulrich Babl dem BR. Es sei "das absolute Minimum, dass es nun eine Übergangsregelung" geben solle für Schulen, die bereits mit großem Engagement und vielen Ressourcen Planungen für das kommende Schuljahr auf den Weg gebracht hätten.

Babl bemängelt: "Für Schulen, die mit der 1:1-Ausstattung über alle Jahrgangsstufen hinweg gute Erfahrungen gemacht haben und ihre Konzepte zudem jedes Jahr neu evaluieren und anpassen, ist es trotzdem keine gute Nachricht."

Im Video: Kabinettsklausur am Tegernsee

(Symbolbild) Kabinettsklausur am Tegernsee
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(Symbolbild) Kabinettsklausur am Tegernsee

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